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Mietrecht

Freigabe der Mietkaution beim Auszug

Erfahren Sie alles zur Freigabe der Mietkaution. Unser Leitfaden klärt, wann die Kaution fällig wird, welche Dokumente Sie benötigen und wie lange der Vermieter das Geld maximal zurückbehalten darf.

Verfasst von
Marc Schwery
Veröffentlicht am
29. Oktober 2025

Die Kisten sind gepackt, die neue Gewerbefläche ist bezugsbereit – der Umzug eines Unternehmens ist ein Kraftakt, der administrative, logistische und finanzielle Ressourcen bindet. Ist der letzte Schreibtisch aus dem alten Büro geräumt, rückt ein wichtiger finanzieller Posten in den Fokus: Die Mietkaution. Besonders im Gewerbemietrecht, wo Kautionen oftmals sechs Monatsmieten betragen und schnell substanzielle Summen erreichen, ist die reibungslose Freigabe dieser Sicherheit für die Liquidität eines Unternehmens von grosser Bedeutung.

 

Doch der Prozess der Freigabe ist nicht immer ein Selbstläufer. Fragen tauchen auf: Wann genau wird die Kaution freigegeben? Welche Dokumente sind notwendig? Und wie lange darf der Vermieter das Geld zurückbehalten? Dieser Artikel führt als Leitfaden durch den Prozess der Mietkautionsfreigabe für Büro- und Gewerbeflächen in der Schweiz.

 

 

Was genau ist die Mietkaution und wie ist sie gesichert?

Bevor wir über die Freigabe sprechen, ein kurzer Blick auf die Grundlage. Die Mietkaution, rechtlich als "Sicherheit" im Schweizer Obligationenrecht (OR Art. 257e) verankert, dient dem Vermieter als Absicherung. Sie deckt potenzielle Forderungen nach Beendigung des Mietverhältnisses ab, primär für unbezahlte Mietzinse, nicht beglichene Nebenkosten oder Schäden am Mietobjekt, die über die normale Abnutzung hinausgehen.

 

Im Gegensatz zur Wohnmiete, wo die Kaution gesetzlich auf drei Monatsmietzinse begrenzt ist, gibt es im Gewerbemietrecht keine solche Obergrenze. Die Höhe ist Verhandlungssache und wird im Mietvertrag festgelegt. Entscheidend ist: Wurde eine Barkaution vereinbart, muss diese auf einem Sperrkonto (Mietkautionskonto) bei einer Bank hinterlegt werden, das auf den Namen des Mieters lautet. Dieses Konto ist treuhänderisch; das heisst, weder Mieter noch Vermieter können ohne die Zustimmung des anderen (oder einen richterlichen Entscheid) darauf zugreifen. Diese Sperrung ist der Kern des Schutzes für beide Parteien und der Grund, warum die Freigabe ein formeller Akt ist.

 

Alternativ zur Barkaution sind im Gewerbebereich auch Bankgarantien oder Mietkautionsversicherungen üblich. Während der Freigabeprozess konzeptionell ähnlich ist (der Vermieter muss seine Ansprüche geltend machen oder auf sie verzichten), ist der administrative Ablauf ein anderer, da hier eine Bürgschaft statt eines Kontos aufgelöst wird.

 

 

Der entscheidende Moment: Die Abnahme des Mietobjekts

Der gesamte Prozess der Kautionsfreigabe steht und fällt mit einem einzigen Termin: der Übergabe und Abnahme des Mietobjekts. Dieser Moment ist der Ausgangspunkt für alle späteren Ansprüche.

 

Nach der Kündigung und vollständigen Räumung der Fläche findet eine gemeinsame Begehung mit dem Vermieter oder der Verwaltung statt. Ziel ist es, den Zustand des Objekts zu inspizieren und mit dem Zustand bei Einzug (üblicherweise dokumentiert in einem Übernahmeprotokoll) zu vergleichen.

 

Das Resultat dieser Begehung wird in einem Abnahmeprotokoll festgehalten. Dieses Dokument ist von grosser Wichtigkeit. Hier werden alle festgestellten Mängel oder Schäden detailliert aufgelistet. Für den Gewerbemieter ist es essenziell, dieses Protokoll mit grösster Sorgfalt zu prüfen. Es wird unterschieden zwischen:

  1. Normaler Abnutzung: Dinge wie leichte Verfärbungen an Wänden oder minimale Kratzer im Boden, die durch den normalen Gebrauch über Jahre entstehen. Diese sind mit dem Mietzins abgegolten und der Mieter haftet nicht dafür.

  2. Übermässiger Abnutzung: Schäden, die durch unsachgemässen Gebrauch oder mangelnde Sorgfalt entstanden sind (z.B. tiefe Kratzer im Parkett, beschädigte Einbauten, nicht fachmännisch entfernte Installationen).

  3. Änderungen am Mietobjekt: Vom Mieter vorgenommene Umbauten. Sofern nicht vertraglich anders geregelt, kann der Vermieter den Rückbau in den ursprünglichen Zustand verlangen.

Der Mieter sollte nur Mängel im Protokoll anerkennen, für die er sich tatsächlich verantwortlich fühlt. Bei Uneinigkeit ist es ratsam, einen Vorbehalt direkt im Protokoll zu vermerken (z.B. "Unterschrift nur zur Bestätigung der Anwesenheit, Mangel X wird bestritten"). Mit der Unterschrift unter ein Mängelprotokoll ohne Vorbehalt anerkennt der Mieter die aufgelisteten Mängel grundsätzlich als bestehend und haftbar.

 

 

Der Prozess der Freigabe

Basierend auf dem Abnahmeprotokoll gibt es zwei Hauptwege zur Freigabe der Kaution.

 

Szenario 1: Der Idealfall – Einigkeit und sofortige Freigabe

Das Abnahmeprotokoll ist "sauber". Es werden keine Mängel festgestellt, die Nebenkosten sind bezahlt, und es bestehen keine offenen Forderungen. In diesem Fall ist der Zweck der Sicherheit erfüllt. Der Vermieter ist verpflichtet, seine Zustimmung zur Freigabe der Kaution unverzüglich zu erteilen.


Was ist zu tun?

Um das Mietkautionskonto aufzulösen, benötigt die Bank eine Freigabeerklärung. In der Praxis ist dies meist ein spezifisches Bankformular zur Auflösung des Kautionskontos, das von beiden Parteien – Mieter und Vermieter – unterzeichnet werden muss. Der Mieter reicht dieses Formular bei der Bank ein, welche die Sperre aufhebt und das Guthaben samt Zinsen auf ein vom Mieter definiertes Konto überweist.


 

Szenario 2: Der Konfliktfall – Der Vermieter behält die Kaution (teilweise) zurück

Werden im Protokoll Mängel festgestellt, für die der Mieter haftet, oder sind Nebenkostenabrechnungen noch ausstehend, beginnt der komplexere Teil. Der Vermieter darf die Kaution jedoch nicht willkürlich zurückbehalten. Er muss seine Ansprüche klar und deutlich beziffern.

 

Bei Mängeln: Der Vermieter muss dem Mieter eine Frist zur Behebung der Mängel setzen. Kommt der Mieter dem nicht nach oder ist eine Behebung durch ihn nicht sinnvoll (z.B. bei Facharbeiten), lässt der Vermieter die Reparaturen ausführen. Er muss dem Mieter die Rechnungen oder zumindest detaillierte Kostenvoranschläge vorlegen. Er darf von der Kaution nur den Betrag zurückbehalten, der exakt zur Deckung dieser ausgewiesenen Schäden notwendig ist. Ein pauschaler Einbehalt der gesamten Summe für einen kleinen Schaden ist nicht zulässig.

 

Bei offenen Nebenkosten: Ein häufiger Grund für Verzögerungen. Oft liegt die definitive Nebenkostenabrechnung für die letzte Periode bei der Abgabe noch nicht vor. Der Vermieter ist berechtigt, einen angemessenen Teil der Kaution zurückzubehalten, der die voraussichtlich noch geschuldete Summe deckt (basierend auf den Vorjahresabrechnungen). Er darf jedoch nicht die gesamte Kaution blockieren, wenn nur eine Nebenkostennachzahlung von wenigen hundert Franken zu erwarten ist. In beiden Fällen (Mängel oder Nebenkosten) gilt: Der Vermieter muss den unbestrittenen Teil der Kaution sofort freigeben.

 

 

Wie lange darf der Vermieter die Kaution zurückbehalten?

Dies ist oft der grösste Streitpunkt. Die Antwort hängt von der Situation ab.

1. Bei Mängelfreiheit: Wie erwähnt, muss der Vermieter die Kaution unverzüglich nach der Abnahme freigeben, wenn keine Ansprüche bestehen. In der Praxis bedeutet dies innert weniger Tage oder Wochen, nicht Monate.

2. Bei Mängeln oder offenen Nebenkosten: Der Vermieter darf die Kaution (oder Teile davon) so lange zurückbehalten, wie es zur Klärung seiner Ansprüche "angemessen" ist. Für die Einholung von Offerten und die Ausführung von Reparaturen werden in der Praxis oft Fristen von zwei bis drei Monaten als angemessen erachtet. Bei komplexen Gewerbeumbauten kann dies länger dauern, muss aber begründet sein. Für die Nebenkostenabrechnung muss er die im Vertrag oder im Gesetz vorgesehene Frist (meist 6-12 Monate nach Ende der Abrechnungsperiode) abwarten.

3. Die Ein-Jahres-Frist: Das Gesetz (OR Art. 257e Abs. 3) bietet dem Mieter einen wichtigen Schutz vor ewigem Hinhaltetaktiken: Ein Jahr nach der offiziellen Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter die Freigabe der Kaution, sofern der Vermieter während dieser Zeit keinen Anspruch gegenüber dem Mieter rechtlich geltend gemacht hat, von der Bank verlangen, auch ohne die Zustimmung des Vermieters.

 

 

Was brauche ich, um ein Mietkautionskonto aufzulösen?

Zusammenfassend lässt sich die Frage nach den notwendigen Schritten und Dokumenten wie folgt beantworten:

  1. Im Normalfall (Einigkeit): Sie benötigen das Auflösungsformular der Bank, das von Ihnen (Mieter) und dem Vermieter (oder der Verwaltung) unterzeichnet ist.

  2. Nach Ablauf eines Jahres (Keine Einigkeit, keine Klage): Sie benötigen den Nachweis über das Enddatum des Mietvertrags (z.B. Kündigungsbestätigung oder alter Mietvertrag) und müssen gegenüber der Bank erklären, dass seit Mietende ein Jahr vergangen ist und keine rechtlichen Schritte durch den Vermieter eingeleitet wurden. Die Bank prüft dies und gibt das Konto nach einer kurzen Frist frei.

  3. Im Streitfall (Gerichtliche Klärung): Sie benötigen einen rechtskräftigen Gerichtsentscheid oder einen Zahlungsbefehl, der die Freigabe zu Ihren Gunsten anordnet.

 

 

Checkliste für eine reibungslose Kautionsfreigabe

Um den Prozess so effizient wie möglich zu gestalten, sollten Gewerbemietende proaktiv handeln.

  • Vorbereitung: Planen Sie die Endreinigung und eventuelle Rückbauarbeiten frühzeitig. Suchen Sie das Einzugsprotokoll heraus, um einen Referenzpunkt zu haben.

  • Kommunikation: Vereinbaren Sie den Abnahmetermin rechtzeitig und schriftlich. Suchen Sie das Gespräch mit dem Vermieter, falls Sie Mängel antizipieren.

  • Das Abnahmeprotokoll: Nehmen Sie sich Zeit für die Prüfung. Fotografieren Sie den Zustand der Räumlichkeiten, insbesondere strittige Punkte. Unterschreiben Sie nichts unter Druck und nutzen Sie das Recht auf einen Vorbehalt.

  • Proaktiv handeln: Liegt ein mängelfreies Protokoll vor, senden Sie dem Vermieter das Bankformular zur Auflösung proaktiv zur Unterschrift.

  • Fristen notieren: Notieren Sie sich das Datum des Mietvertragsendes. Setzen Sie sich einen Kalendereintrag nach 11 Monaten, um die Ein-Jahres-Frist zu prüfen, falls die Kaution noch blockiert ist.