Was bedeutet ein Kleingewerbe in der Schweiz? Dieser Artikel beleuchtet die Merkmale, Vor- und Nachteile sowie Besteuerung eines Kleingewerbes.
Der Traum von der eigenen Firma, von unternehmerischer Freiheit und der Verwirklichung persönlicher Ideen bewegt viele Menschen in der Schweiz. Doch der Gedanke an komplexe Gründungen und hohe Kapitalkosten schreckt oft ab. Genau hier bietet das sogenannte Kleingewerbe einen idealen und einfachen Einstieg in die Selbstständigkeit. Es ist der häufigste Weg für Freelancer, Handwerker und Berater, den ersten Schritt als Unternehmer zu wagen.
Zunächst ist eine wichtige Klärung notwendig: Der Begriff "Kleingewerbe" ist im Schweizer Recht keine offizielle Rechtsform wie die GmbH oder die Aktiengesellschaft (AG). Es handelt sich vielmehr um einen umgangssprachlichen Begriff, der eine selbstständige Erwerbstätigkeit beschreibt, die in der Regel von einer einzelnen Person mit geringem Risiko und überschaubarem Umsatz betrieben wird.
Rechtlich gesehen handelt es sich bei einem Kleingewerbe fast immer um ein Einzelunternehmen. Die entscheidende Grösse, die ein Einzelunternehmen oft als "klein" definiert, ist der Jahresumsatz. Die wichtigste Schwelle liegt hier bei CHF 100'000. Unterhalb dieses Umsatzes gelten vereinfachte administrative Regelungen, insbesondere bezüglich des Eintrags ins Handelsregister und der Mehrwertsteuerpflicht.
Wenn Sie ein Kleingewerbe in Form eines Einzelunternehmens gründen, hat dies klare Merkmale. Sie als Inhaberin oder Inhaber sind die einzige Person, die das Unternehmen führt. Es gibt keine Trennung zwischen Ihrem Privatvermögen und dem Geschäftsvermögen. Dies führt direkt zum wichtigsten und zugleich riskantesten Merkmal: der unbeschränkten Haftung. Sie haften für sämtliche Geschäftsschulden nicht nur mit dem Geschäftsvermögen, sondern in der Regel auch vollumfänglich mit Ihrem gesamten Privatvermögen. Im Gegenzug ist für die Gründung kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital erforderlich. Der Name des Unternehmens muss zwingend Ihren Familiennamen enthalten. Zusätze wie "Max Muster, Marketingberatung" sind möglich und empfehlenswert.
Die Wahl des Einzelunternehmens als Form für Ihr Kleingewerbe bringt bedeutende Vorteile mit sich. Die Gründung ist unkompliziert, schnell und äusserst kostengünstig, da in vielen Fällen kein Notar und kein teurer Handelsregistereintrag notwendig sind. Sie haben die volle unternehmerische Kontrolle und Entscheidungsfreiheit, ohne sich mit Partnern oder einem Vorstand abstimmen zu müssen. Die Buchführung kann, je nach Umsatz, vereinfacht geführt werden, und es besteht keine Pflicht zur doppelten Buchhaltung unter CHF 500'000 Umsatz. Ein weiterer wesentlicher Vorteil liegt in der steuerlichen Behandlung, da es keine Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinn und privatem Einkommen gibt, wie es bei einer GmbH der Fall sein kann.
Diesen Vorteilen stehen jedoch auch Nachteile gegenüber, die sorgfältig bedacht werden müssen. Die bereits erwähnte unbeschränkte persönliche Haftung ist das grösste Risiko. Geschäftliche Misserfolge können direkt auf Ihre private finanzielle Existenz durchschlagen. Die Finanzierungsmöglichkeiten sind oft eingeschränkt, da Banken bei der Kreditvergabe an Einzelunternehmen zurückhaltender sind und keine Anteile an Investoren verkauft werden können. Die enge Verknüpfung des Firmennamens mit Ihrer Person kann die Anonymität einschränken und der Verkauf oder die Nachfolgeregelung des Unternehmens gestalten sich oft schwieriger als bei einer Kapitalgesellschaft.
Wie gründen Sie nun Ihr Kleingewerbe? Der Prozess ist erfreulich pragmatisch. Formal existiert Ihr Einzelunternehmen von dem Moment an, in dem Sie Ihre selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Die nachfolgenden administrativen Schritte sind jedoch unerlässlich.
Schritt 1: Anerkennung durch die AHV-Ausgleichskasse
Als selbstständig erwerbende Person sind Sie für Ihre Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO) selbst verantwortlich. Melden Sie sich daher bei der für Sie zuständigen Ausgleichskasse an. Diese prüft anhand verschiedener Kriterien, ob Sie tatsächlich als selbstständig gelten. Dazu gehören unter anderem das Auftreten unter eigenem Namen, das Handeln auf eigene Rechnung und das Tragen des eigenen wirtschaftlichen Risikos. Idealerweise haben Sie bereits erste Aufträge oder Rechnungen, die Ihre Tätigkeit belegen.
Schritt 2: Eintrag ins Handelsregister (falls nötig oder gewünscht)
Ein Eintrag ins Handelsregister ist für Einzelunternehmen erst ab einem Jahresumsatz von CHF 100'000 obligatorisch. Viele Gründer entscheiden sich jedoch für einen freiwilligen Eintrag, auch wenn sie unter dieser Schwelle liegen. Dies hat den Vorteil, dass der Firmenname am Sitz des Unternehmens geschützt ist und der Auftritt gegenüber Kunden, Lieferanten und Banken professioneller und glaubwürdiger wirkt.
Schritt 3: Anmeldung für die Mehrwertsteuer (MWST)
Die Pflicht zur Abrechnung der Mehrwertsteuer beginnt ebenfalls erst ab einem Jahresumsatz von CHF 100'000. Liegt Ihr Umsatz darunter, sind Sie nicht mehrwertsteuerpflichtig. Dies vereinfacht die Buchhaltung erheblich. Beachten Sie jedoch, dass Sie in diesem Fall auch keine Vorsteuer auf Ihren eigenen Einkäufen und Investitionen abziehen können. Eine freiwillige Unterstellung kann sich lohnen, wenn Sie hohe Anfangsinvestitionen tätigen oder hauptsächlich Geschäftskunden haben, die die Mehrwertsteuer ihrerseits abziehen können.
Die Gründungskosten für ein Kleingewerbe sind minimal. Fällt kein obligatorischer Handelsregistereintrag an, ist die Gründung im Grunde kostenlos. Ein freiwilliger Eintrag kostet wenige hundert Franken. Die laufenden Kosten umfassen hauptsächlich Ihre AHV-Beiträge, die prozentual von Ihrem Einkommen berechnet werden, sowie Kosten für eine allfällige Buchführung, ein Geschäftskonto und notwendige Versicherungen wie eine Berufshaftpflichtversicherung.
Die Besteuerung eines Kleingewerbes ist ein zentraler Punkt, der oft zu Fragen führt. Da es keine juristische Trennung zwischen Ihnen und Ihrem Unternehmen gibt, existiert auch keine separate Unternehmenssteuer. Der Gewinn, den Sie mit Ihrem Kleingewerbe erwirtschaften, wird zu Ihrem übrigen Privateinkommen (z.B. aus einer Teilzeitanstellung oder dem Einkommen des Ehepartners) addiert. Dieses Gesamteinkommen deklarieren Sie in Ihrer persönlichen Steuererklärung. Darauf bezahlen Sie die reguläre Einkommenssteuer an Bund, Kanton und Gemeinde. Gleichzeitig wird Ihr Geschäftsvermögen (z.B. Bankguthaben, Maschinen) mit Ihrem Privatvermögen zusammen als Gesamtvermögen besteuert.
Das Kleingewerbe in der Form des Einzelunternehmens stellt in der Schweiz einen exzellenten und unbürokratischen Weg dar, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Die Vorteile der einfachen Gründung, der vollen Kontrolle und der steuerlichen Einfachheit sind überzeugend. Demgegenüber steht als grösstes Wagnis die unbeschränkte persönliche Haftung. Eine sorgfältige Abwägung dieser Aspekte, eine gute Planung und die Kenntnis der administrativen Schritte bei AHV, Handelsregister und Mehrwertsteuer sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Start. So wird aus einer guten Idee ein solides Fundament für Ihre unternehmerische Zukunft.
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