Die Nachmieterregelung für Gewerbemietverträge einfach erklärt: So ermöglicht das Schweizer Recht den vorzeitigen Ausstieg aus langfristigen Verträgen.
Ein langfristiger Gewerbemietvertrag über fünf oder gar zehn Jahre fühlt sich bei der Unterzeichnung oft wie ein Meilenstein an. Er symbolisiert Stabilität, Planungssicherheit und das Bekenntnis zu einem Standort. Doch in der dynamischen heutigen Geschäftswelt kann sich diese Sicherheit schnell in ein finanzielle Belastung verwandeln. Was passiert, wenn das Unternehmen schneller wächst als geplant und die aktuelle Bürofläche aus allen Nähten platzt? Oder wenn eine strategische Neuausrichtung eine Präsenz in einer anderen Stadt erfordert? Plötzlich wird der langfristige Vertrag zu einer Belastung.
Genau für solche Szenarien ist eine durchdachte Exit-Strategie unerlässlich. Ein wichtiges, aber oft im Detail missverstandenes Instrument hierfür ist die Nachmieterklausel.
Zunächst muss man das Fundament des Schweizer Mietrechts verstehen: pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Ein auf eine feste Dauer abgeschlossener Gewerbemietvertrag ist für beide Parteien bis zum Ablauf dieser Frist bindend. Eine ordentliche Kündigung vor diesem Zeitpunkt ist ausgeschlossen. Diese Regelung schützt den Vermieter vor Leerstand und sichert ihm seine kalkulierten Mieteinnahmen. Für den Mieter bedeutet sie jedoch eine erhebliche finanzielle Verpflichtung, vor allem wenn die Räumlichkeiten nicht mehr benötigt werden.
Ein vorzeitiger Auszug ohne rechtliche Grundlage würde bedeuten, dass der Mieter bis zum Vertragsende die Miete weiterzahlen muss, auch wenn die Bürostühle längst in einem anderen Gebäude stehen.
Eine gut formulierte Nachmieterklausel im Mietvertrag regelt die Bedingungen, unter denen ein Mieter aus den Verpflichtungen entlassen wird, wenn er oder sie einen geeigneten Ersatzmieter präsentiert. Das Gesetz (Art. 264 OR) sieht zwar auch ohne explizite Klausel ein Recht auf einen vorzeitigen Auszug vor, wenn ein zumutbarer Nachmieter gestellt wird. Eine vertragliche Klausel schafft jedoch von Beginn an klare Verhältnisse und kann den Prozess erheblich vereinfachen.
Der Kern jeder Diskussion über einen Nachmieter dreht sich um eine zentrale Frage: Was macht einen potenziellen Nachfolger für den Vermieter zumutbar und akzeptabel? Hier liegen die entscheidenden Details, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Ein Vermieter ist nicht verpflichtet, jeden von Ihnen vorgeschlagenen Kandidaten zu akzeptieren. Die Ablehnung darf jedoch nicht willkürlich sein. Die Rechtsprechung hat über die Jahre klare Kriterien entwickelt, die ein Nachmieter erfüllen muss.
Das offensichtlichste und wichtigste Kriterium ist die Solvenz. Der vorgeschlagene Nachmieter muss zweifelsfrei in der Lage sein, den Mietzins pünktlich und über die verbleibende Vertragsdauer zu entrichten. In der Praxis bedeutet dies, dass der Vermieter eine gründliche Bonitätsprüfung durchführen wird. Ein aktueller Betreibungsauszug ohne Einträge ist dabei das Minimum. Je nach Höhe der Miete können auch Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder ein Businessplan verlangt werden, um die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens zu belegen. Daher ist es sinnvoll, nur Kandidaten vorzuschlagen, die diese Kriterien mit Sicherheit erfüllen.
Ebenso wichtig ist die allgemeine Zumutbarkeit des Nachmieters. Dieser Begriff ist dehnbar, aber er folgt einer klaren Logik: Der Vermieter darf durch den Mieterwechsel nicht schlechter gestellt werden. Ein zentraler Aspekt ist hierbei der Zweck der Mieträumlichkeiten. Wenn jemand ein stilles Architekturbüro betrieben hat, ist ein Schlagzeug-Proberaum als Nachmieter für den Vermieter und die anderen Parteien im Gebäude kaum zumutbar. Der neue Nutzungszweck muss mit dem Charakter der Immobilie und der bestehenden Mieterstruktur kompatibel sein.
Auch das Image und die Reputation des Nachfolgers spielen eine Rolle. In einem repräsentativen Gebäude mit Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften könnte der Vermieter den Einzug eines Tattoo-Studios oder eines Esoterik-Ladens als nicht zumutbar ablehnen, da dies die Positionierung und Attraktivität der Liegenschaft beeinträchtigen könnte. Diese Ablehnung muss jedoch auf sachlichen Gründen beruhen und darf nicht diskriminierend sein.
Ein Punkt, der in der Praxis häufig zu Missverständnissen führt, ist die Bedingung der Vertragsübernahme. Der präsentierte Nachmieter muss bereit und in der Lage sein, den bestehenden Mietvertrag unverändert zu übernehmen. Er tritt vollumfänglich in die Rechte und Pflichten ein.
Das bedeutet, niedrige Mietzinsen und kürzere Laufzeiten können nicht verhandelt werden. Jeglicher Versuch einer Neuverhandlung seitens des Nachmieters macht ihn für den Vermieter unzumutbar, da dies einen neuen Vertragsabschluss darstellen würde. Die Suche muss sich also auf einen Interessenten konzentrieren, für den der aktuelle Vertrag mit all seinen Konditionen attraktiv und machbar ist.
Wenn ein Ausstieg geplant ist, ist ein strukturiertes Vorgehen essenziell. Eine frühzeitige Kommunikation und Kündigung ist immer von Vorteil. Danach beginnt die aktive Suche nach einem Nachmieter. Dieser Prozess umfasst die Nutzung von Immobilienplattformen, des beruflichen Netzwerks sowie das Schalten gezielter Inserate. Eine sorgfältige Vorprüfung der Kandidaten ist unerlässlich. Dabei sollten die notwendigen Unterlagen angefordert und die Bonität geprüft werden, bevor ein Kandidat dem Vermieter offiziell vorgeschlagen wird.
Im letzten Schritt erfolgt die schriftliche Präsentation eines oder mehrerer geprüfter, solventer und passender Kandidaten durch den Mieter an den Vermieter. Nach Gewährung einer angemessenen Prüfungsfrist gilt: Weist der Vermieter einen objektiv zumutbaren Kandidaten grundlos zurück, wird der bisherige Mieter von seinen vertraglichen Verpflichtungen entbunden. Massgebend für den Zeitpunkt der Befreiung ist das Datum, an dem der Nachmieter das Mietverhältnis angetreten hätte.
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