Ein bestehendes Restaurant zu übernehmen, scheint der schnellere Weg zum Erfolg. Doch ohne akribische Prüfung kann der Traum schnell an Altlasten und falschen Kalkulationen scheitern.
Ein Restaurant zu übernehmen, statt es von Grund auf neu zu gründen, klingt verlockend. Die Tische sind gedeckt, die Küche ist eingerichtet, in der Regel gibt es sogar Stammgäste und eingespieltes Personal. Man spart sich die mühsame Suche nach einer geeigneten Immobilie und die langwierigen Genehmigungsverfahren.
Doch dieser vermeintliche Schnellstart birgt einige Risiken. Wer ein Restaurant übernimmt, kauft nicht nur das Inventar, sondern tritt in ein komplexes Geflecht aus Verträgen, Verpflichtungen und einer etablierten Reputation ein - im Guten wie im Schlechten.
Eine sorgfältige Due Diligence (eine kaufmännische und rechtliche Tiefenprüfung) ist daher eine Notwendigkeit. Wir zeigen dir, worauf du achten musst und welche Kosten bei der Übernahme wirklich entstehen.
Wenn Gründer die Kosten einer Restaurant-Übernahme kalkulieren, fokussieren sie sich oft nur auf einen Posten: den Kaufpreis. Dieser Betrag wird meist für das Inventar, den Kundenstamm (Goodwill) und den Namen gezahlt. Die wahren Kosten liegen jedoch oft im Verborgenen.
1. Die Ablöse (Kaufpreis) realistisch bewerten
Der Verkäufer wird einen Preis nennen, der oft auf emotionalen Werten basiert. Es empfiehlt sich daher, diesen Wert objektiv prüfen. Ist die Küchenausstattung modern und gepflegt oder steht sie kurz vor dem Defekt? Wie viel ist der gute Ruf tatsächlich wert? Ein externes Gutachten oder die Konsultation eines Branchenexperten (z.B. von GastroSuisse) ist ein sinnvoller Weg zu einer realistischen Zahl.
2. Der Investitionsstau (Die versteckte Kostenfalle)
Hier lauert das grösste finanzielle Risiko. Ein Restaurant mag auf den ersten Blick gut aussehen, doch die Technik ist entscheidend. Entsprechen Lüftungsanlage, Fettabscheider und Kühlhäuser den aktuellen Vorgaben des Lebensmittelgesetzes (LMG) und den kantonalen Brandschutzvorschriften? Eine Nachrüstung kann schnell fünf- bis sechsstellige Beträge kosten.
3. Altlasten und Verbindlichkeiten
Ein zentraler Punkt ist die Haftungsfrage. Prüfe akribisch, ob es offene Rechnungen bei Lieferanten, Steuerschulden oder ausstehende Lohnzahlungen gibt. Besonders kritisch in der Schweiz: Schulden bei den Sozialversicherungen (AHV/IV). Je nach Übernahmeform (Asset Deal oder Share Deal) kannst du für die Schulden des Vorgängers haftbar gemacht werden (vgl. Art. 181 - 183 OR bei Geschäftsübernahme). Ein Treuhänder sollte die Bilanzen der letzten drei Jahre tiefgehend analysieren.
Noch wichtiger als das Geld ist das Vertragswerk. Wenn hier Fehler passieren, ist der Betrieb oft schon vor der Eröffnung dem Scheitern geweiht.
4. Der Mietvertrag: Das Herzstück der Übernahme
Der Mietvertrag nach Schweizer Obligationenrecht (OR) ist das wichtigste Dokument. Der Vertrag wird nicht automatisch übernommen.
Zustimmung des Vermieters: Der Vermieter muss dem Inhaberwechsel explizit zustimmen. Tut er das nicht, platzt der gesamte Deal. Oft nutzt der Vermieter diese Gelegenheit, um die Miete zu erhöhen oder den Vertrag anzupassen.
Laufzeit und Optionen: Wie lange läuft der Vertrag noch? Gibt es Verlängerungsoptionen? Ein Vertrag, der in zwei Jahren ausläuft, bietet keine Investitionssicherheit.
Zweckbestimmung: Ist der Betrieb als "Restaurant" eingetragen? Sind Aussenbestuhlung oder Musikanlässe explizit erlaubt?
5. Der Personal-Check (Betriebsübergang nach Art. 333 OR)
Wenn du ein Restaurant übernimmst, gehören dazu auch die Mitarbeitenden. Das Schweizer Recht ist hier klar: Gemäss Art. 333 OR (Betriebsübergang) trittst du automatisch in alle bestehenden Arbeitsverträge mit sämtlichen Rechten und Pflichten ein. Du kannst den Mitarbeitenden nicht einfach kündigen. Analysiere die Personalstruktur: Sind die Gehälter marktgerecht? Bestehen Kündigungsschutz oder hohe Ferienguthaben? Gibt es einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV), der eingehalten werden muss?
6. Lieferanten- und Brauereiverträge
Der Klassiker der Gastronomie-Fallen ist der "Bierliefervertrag". Ist das Restaurant an eine bestimmte Brauerei oder einen Getränkelieferanten gebunden? Diese Verträge sind oft mit Abnahmeverpflichtungen und ungünstigen Konditionen verknüpft, aus denen Sie jahrelang nicht herauskommen.
7. Bewilligungen und Patente (Kantonale Hoheit)
Dies ist einer der grössten Unterschiede zu anderen Ländern. In der Schweiz ist das Gastgewerberecht kantonal geregelt.
Gastgewerbebewilligung: Die wichtigste Lizenz. Sie ist oft an die Person des alten Betreibers und an die Räumlichkeiten gebunden. Sie geht nicht automatisch auf den Erwerber über. Du musst deine persönliche und fachliche Eignung nachweisen.
Fähigkeitsausweis: Viele Kantone verlangen für die Führung eines Betriebs einen Fähigkeitsausweis (das frühere "Wirtepatent"). Die Anforderungen (Ausbildung, Prüfung) sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich.
8. Warum verkauft der vorherige Besitzer?
Das ist die ehrlichste, aber auch am schwersten zu beantwortende Frage. Der Grund dafür kann schonmal eine drohende Insolvenz, Streit mit dem Vermieter oder ein Konkurrenzdruck, dem der Betrieb nicht standhält, sein.
9. Passt das Konzept zur Lage?
Analysiere den Standort (Laufkundschaft, Parkplätze, Demografie im Quartier) und prüfe, ob das bestehende Konzept noch funktioniert. Wenn du ein Restaurant übernimmst, gehört dazu auch dessen Ruf – zum Beispiel auf Bewertungsplattformen (Google Reviews oder Trustpilot). Einen schlechten Ruf zu sanieren, ist oft teurer und mühsamer als ein Neustart.
10. Der Businessplan: Puffer für das Unerwartete
Ein Businessplan ist für eine Übernahme genauso wichtig wie für eine Neugründung. Kalkuliere nicht nur die offensichtlichen Kosten (Ablöse, Renovierung), sondern auch das "Working Capital" (Betriebskapital) – den Puffer für die ersten sechs Monate, in denen Miete, Personal und Ware bezahlt werden müssen, auch wenn das Geschäft noch nicht wie erhofft anläuft.
Ein Restaurant zu übernehmen ist ein hochkomplexer Prozess. Er erfordert die Expertise eines lokalen Treuhänders (für die Zahlen und die AHV-Prüfung) und eines Rechtsanwalts, der mit dem kantonalen Gastgewerberecht und dem Obligationenrecht vertraut ist. Diese Beratungen sind nicht günstig, jedoch lohnt sich diese Investition. Sie ist der Schutzschild gegen versteckte Schulden, ungültige Verträge und einen Investitionsstau, der den Traum vom eigenen Restaurant beenden könnte, bevor er überhaupt begonnen hat.
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