Zurück
Mietrecht

Rücktritt von einem Mietvertrag

Rücktritt von einem Mietvertrag Schweiz: Alles was Sie wissen müssen zum Vorvertrag, Mängeln, Täuschung. Für Büro & Gewerbe.

Verfasst von
Dominic Frei
Veröffentlicht am
12. Mai 2025

Ein unterschriebener Mietvertrag für Büro- oder Gewerbeflächen ist in der Schweiz grundsätzlich bindend. Doch was passiert, wenn sich die Umstände ändern und eine Partei – sei es Mieter oder Vermieter – noch vor Mietbeginn oder kurz danach vom Vertrag loskommen möchte? Der Rücktritt von einem Mietvertrag ist ein komplexes Thema, das oft mit Unsicherheiten verbunden ist. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Rücktritts, einschliesslich der Situation bei einem Mietvorvertrag und den generellen Möglichkeiten, einen bereits unterzeichneten Mietvertrag aufzulösen.

 

In der dynamischen Geschäftswelt können unvorhergesehene Ereignisse dazu führen, dass ein eben erst abgeschlossener Mietvertrag für die geplante Expansion, das neue Büro oder die Verlagerung des Betriebs plötzlich nicht mehr den Bedürfnissen entspricht. Vielleicht hat sich eine Finanzierungsrunde verzögert, ein wichtiger Auftrag ist weggebrochen oder es wurde kurzfristig eine passendere Immobilie gefunden. In solchen Momenten stellt sich unweigerlich die Frage nach den Möglichkeiten eines Rücktritts.

 

 

Abgrenzung zur Kündigung

Es ist wichtig, den Rücktritt von der Kündigung eines Mietvertrages abzugrenzen. Ein Rücktritt zielt darauf ab, den Vertrag von Anfang an aufzuheben oder dessen Wirksamwerden zu verhindern, oft bevor das Mietobjekt überhaupt bezogen wurde oder unmittelbar bei Übergabe aufgrund gravierender Mängel. Eine Kündigung hingegen beendet ein bestehendes Mietverhältnis für die Zukunft, sei es ordentlich unter Einhaltung von Fristen und Terminen oder ausserordentlich aus wichtigen Gründen während der laufenden Mietdauer. Die hier besprochenen Szenarien des Rücktritts bewegen sich im Grenzbereich und haben oft ähnliche Konsequenzen wie eine sofortige Vertragsauflösung.

 

 

Mietvorvertrag Rücktritt: Die Rechtslage bei vorvertraglichen Vereinbarungen

Bevor ein detaillierter Mietvertrag ausgearbeitet und unterzeichnet wird, schliessen Parteien manchmal einen sogenannten Mietvorvertrag ab. Gerade bei grösseren Büro- und Gewerbeflächen kommt ein Vorvertrag zum Zug. Dieser hält die wesentlichen Eckpunkte der zukünftigen Miete fest, wie beispielsweise das Mietobjekt, den Mietzins und den ungefähren Mietbeginn. Doch wie verbindlich ist eine solche Vereinbarung und ist ein Rücktritt vom Vorvertrag ohne Weiteres möglich?

 

Grundsätzlich gilt auch ein Mietvorvertrag als Vertrag im Sinne des Schweizer Obligationenrechts (OR) und entfaltet eine gewisse Bindungswirkung. Er zielt darauf ab, die Parteien zum Abschluss des Hauptmietvertrages zu verpflichten. Ein vollständiger und grundloser Rücktritt ist daher nicht ohne Weiteres vorgesehen, wenn der Vorvertrag formgültig (in der Regel Schriftlichkeit, falls für den Hauptvertrag vorgesehen oder von den Parteien gewünscht) und inhaltlich ausreichend bestimmt ist.

 

Allerdings gibt es auch hier Szenarien, die einen Rücktritt rechtfertigen können. Wurden im Mietvorvertrag bestimmte Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrages genannt (z.B. die Erteilung einer Baubewilligung für spezifische Umbauten durch den Mieter), und treten diese Bedingungen nicht ein, kann ein Rücktrittsrecht entstehen. Ebenso kann ein Rücktritt möglich sein, wenn eine Partei arglistig getäuscht wurde oder ein wesentlicher Irrtum vorliegt.

 

Die Konsequenzen eines unberechtigten Rücktritts von einem Mietvorvertrag können je nach Vereinbarung Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Dies kann beispielsweise die Kosten umfassen, die der anderen Partei durch das Vertrauen auf den Abschluss des Hauptvertrages entstanden sind (z.B. Insertionskosten für die erneute Suche, Planungskosten). Es ist daher ratsam, bereits bei der Abfassung eines Mietvorvertrages klare Regelungen für einen möglichen Rücktritt und dessen Folgen zu definieren. Fehlen solche Regelungen, und ist der Vorvertrag bindend, kann eine Partei unter Umständen sogar auf den Abschluss des Hauptvertrages klagen. In der Praxis wird jedoch häufiger auf Schadenersatz fokussiert.

 

 

Mietvertrag Rücktritt: Optionen nach der Vertragsunterzeichnung

Ist der eigentliche Mietvertrag erst einmal von beiden Parteien – Mieter und Vermieter – unterzeichnet, wird die Situation komplexer. Das Schweizer Mietrecht kennt kein allgemeines gesetzliches Widerrufsrecht für Mietverträge, wie es beispielsweise bei Haustürgeschäften der Fall ist. Mit der Unterschrift bekräftigen beide Seiten ihren Willen, das Mietverhältnis zu den vereinbarten Konditionen einzugehen. Ein einseitiger Rücktritt aus dem Mietvertrag durch den Mieter oder Vermieter ist daher nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

 

Die wohl unkomplizierteste, aber vom guten Willen der Gegenseite abhängige Variante ist die einvernehmliche Aufhebung des Mietvertrages. Sind sich Mieter und Vermieter einig, dass das Mietverhältnis doch nicht zustande kommen soll, können sie den Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen auflösen. Es empfiehlt sich dringend, eine solche Aufhebungsvereinbarung schriftlich festzuhalten und darin alle relevanten Punkte zu regeln, wie beispielsweise eine allfällige Entschädigung oder die Übernahme von bereits entstandenen Kosten.

 

Eine weitere, im Gesetz vorgesehene Möglichkeit für den Mieter, vorzeitig aus seinen Verpflichtungen entlassen zu werden, ist die Stellung eines zumutbaren Ersatzmieters (Art. 264 OR). Dieser muss nicht nur bereit sein, den Mietvertrag zu den exakt gleichen Bedingungen (Mietzins, Vertragsdauer etc.) zu übernehmen, sondern auch für den Vermieter objektiv zumutbar sein. Das bedeutet insbesondere, dass der Ersatzmieter solvent sein muss und keine begründeten Bedenken hinsichtlich einer vertragsgemässen Nutzung des Mietobjekts bestehen dürfen. Der Vermieter hat eine angemessene Frist zur Prüfung des vorgeschlagenen Nachmieters. Lehnt der Vermieter einen objektiv zumutbaren Ersatzmieter ohne triftigen Grund ab oder äussert er sich nicht innert nützlicher Frist, wird der ursprüngliche Mieter von seinen Verpflichtungen befreit. Findet der Mieter keinen oder keinen zumutbaren Ersatzmieter, bleibt er grundsätzlich zur Zahlung des Mietzinses bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin verpflichtet, abzüglich dessen, was der Vermieter durch anderweitige Verwendung der Räumlichkeiten einspart oder zu sparen unterlässt.

 

Spezifische Regelungen können sich auch aus dem Mietvertrag selbst ergeben, falls beispielsweise vertragliche Rücktrittsrechte für bestimmte Szenarien vereinbart wurden, was in der Praxis jedoch eher selten der Fall ist.

 

 

Rücktritt Mietvertrag: Besondere Umstände und Gründe

Neben der einvernehmlichen Aufhebung und der Stellung eines Ersatzmieters gibt es besondere Umstände, die einen Rücktritt rechtfertigen können. Diese sind oft an eng definierte Voraussetzungen geknüpft.

 

Ein wichtiger Grund für einen Rücktritt kann das Vorliegen schwerwiegender Mängel am Mietobjekt bei Mietbeginn sein. Ist die Tauglichkeit der Büro- oder Gewerbefläche zum vorausgesetzten Gebrauch erheblich beeinträchtigt oder gar aufgehoben (z.B. massive Wasserschäden, fehlende Heizung im Winter, gravierende Sicherheitsmängel), und hat der Vermieter diese Mängel trotz Aufforderung und Fristansetzung nicht behoben, kann der Mieter unter Umständen nach den Regeln des Verzugs oder der Nichterfüllung vom Vertrag zurücktreten oder eine fristlose Kündigung aussprechen (Art. 258 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 107/109 OR oder Art. 259b lit. a OR). Wichtig ist hierbei die genaue Dokumentation der Mängel und die korrekte Einhaltung der rechtlichen Schritte (Mängelrüge, Fristansetzung zur Behebung). Ein bloss geringfügiger Mangel rechtfertigt in der Regel keinen Rücktritt, sondern gibt dem Mieter andere Rechte wie Mängelbeseitigung, Mietzinsreduktion oder Schadenersatz.

 

Auch eine arglistige Täuschung durch den Vermieter über wesentliche Eigenschaften des Mietobjekts kann den Mieter zur Anfechtung des Vertrages und somit zu einem Rücktritt berechtigen (Art. 28 OR). Eine Täuschung liegt vor, wenn der Vermieter vorsätzlich falsche Angaben macht oder wichtige Tatsachen verschweigt, die den Entschluss des Mieters zum Vertragsabschluss beeinflusst haben (z.B. das Verschweigen einer bevorstehenden Grossbaustelle direkt vor den Fenstern des Büros, welche die Nutzung erheblich einschränken würde). Der Mieter muss die Täuschung und deren Kausalität für den Vertragsabschluss beweisen können und den Vertrag innert Jahresfrist seit Entdeckung der Täuschung anfechten.

 

Seltener, aber denkbar, sind Fälle von wesentlichem Irrtum (Art. 23 ff. OR). Ein Grundlagenirrtum, der den Mieter zur Anfechtung berechtigt, liegt vor, wenn sich der Mieter über einen Sachverhalt geirrt hat, den er nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachten durfte.

 

Für den Vermieter sind die Möglichkeiten eines einseitigen Rücktritts nach Vertragsunterzeichnung ebenfalls sehr begrenzt und meist auf schwerwiegende Vertragsverletzungen des Mieters vor Mietantritt (z.B. wenn bereits vor Übergabe klar wird, dass der Mieter zahlungsunfähig ist und die erste Miete sowie Kaution nicht leisten kann) oder auf spezielle, vertraglich vereinbarte Rücktrittsgründe beschränkt.

 

 

Fazit zum Rücktritt von einem Mietvertrag

Der Rücktritt von einem Mietvertrag für Büro- und Gewerbeflächen in der Schweiz ist kein leichtfertiges Unterfangen. Ein einmal unterzeichneter Vertrag ist grundsätzlich einzuhalten ("pacta sunt servanda"). Die Möglichkeiten eines Rücktritts sind gesetzlich und vertraglich klar umrissen und setzen meist besondere Umstände voraus.

 

Bei einem Mietvorvertrag sollte die Verbindlichkeit und allfällige Rücktrittsbedingungen genau geprüft und idealerweise schriftlich festgehalten werden. Nach Abschluss des Hauptmietvertrages ist ein Rücktritt am ehesten durch eine einvernehmliche Aufhebung mit der Gegenpartei oder durch die Stellung eines zumutbaren Ersatzmieters zu erreichen. Besondere Gründe wie schwerwiegende Mängel am Mietobjekt bei Übergabe oder arglistige Täuschung können ebenfalls einen Rücktritt rechtfertigen, erfordern jedoch eine sorgfältige Dokumentation und die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben.

 

Angesichts der potenziellen finanziellen Konsequenzen eines unberechtigten Rücktritts oder einer strittigen Vertragsauflösung ist es für Mieter und Vermieter von Büro- und Gewerbeflächen ratsam, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen. Eine klare Kommunikation und das Suchen nach fairen Lösungen können oft helfen, langwierige und kostspielige Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die sorgfältige Prüfung des Mietvertrages vor der Unterzeichnung und das Bewusstsein über die eigenen Rechte und Pflichten bilden die beste Grundlage für ein erfolgreiches Mietverhältnis.