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Mietrecht

Solidarhaftung im Mietvertrag

Die Solidarhaftung im Mietvertrag stellt eine attraktive Form der Absicherung für Vermieter dar. Welche Rechte und Pflichten entstehen daraus?

Verfasst von
Marc Schwery
Veröffentlicht am
19. Mai 2025

Eine Solidarhaftung im Mietvertrag ist eine häufige Vertragsform in der Schweiz, insbesondere bei Wohngemeinschaften oder wenn mehrere Personen gemeinsam Geschäftsräume anmieten. Doch was bedeutet dieser Begriff genau und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die beteiligten Parteien? Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte rund um die Solidarhaftung im Mietrecht.

 

Die gemeinsame Anmietung von Büro- oder Gewerbeflächen bietet oft finanzielle und praktische Vorteile. Unternehmen können sich Kosten teilen und von grösseren, attraktiveren Räumlichkeiten profitieren, die für einen einzelnen Mieter möglicherweise unerschwinglich wären. Paare oder Partner in einer Wohngemeinschaft erleben ähnliche Vorzüge im privaten Bereich. Allerdings ist mit der gemeinsamen Unterschrift unter einem Mietvertrag in der Regel die sogenannte Solidarhaftung verbunden, ein rechtliches Konstrukt mit weitreichenden Folgen. Für Vermieter bietet die Solidarhaftung im Mietvertrag eine erhöhte Sicherheit, da mehrere Parteien für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten geradestehen. Für die Mieter bedeutet es jedoch eine gegenseitige Verantwortung, die ein hohes Mass an Vertrauen und klarer interner Absprachen erfordert. Im Folgenden werden die Kernaspekte der Solidarhaftung detailliert erläutert.

 

 

Definition einer Solidarhaftung

Um die Tragweite einer Solidarhaftung zu verstehen, ist zunächst eine klare Definition notwendig. Im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) ist die Solidarhaftung in den Artikeln 143 ff. geregelt. Sie besagt, dass mehrere Schuldner (in diesem Fall die Mieter) gegenüber dem Gläubiger (dem Vermieter) für die gesamte Schuld so haften, dass der Gläubiger die Leistung von jedem einzelnen Schuldner ganz oder teilweise fordern kann. Alle Schuldner bleiben so lange verpflichtet, bis die gesamte Forderung getilgt ist.

 

Konkret bedeutet das für einen Mietvertrag: Unterschreiben mehrere Personen als Hauptmieter den Vertrag, werden sie zu Solidarschuldnern. Der Vermieter hat in diesem Fall das Recht, die Erfüllung sämtlicher vertraglicher Pflichten – insbesondere die Zahlung des gesamten Mietzinses und der Nebenkosten sowie die Haftung für allfällige Schäden am Mietobjekt – von jedem einzelnen Mieter vollumfänglich einzufordern. Es spielt dabei keine Rolle, wie die Mieter die Kosten intern aufgeteilt haben oder wer einen allfälligen Schaden verursacht hat. Der Vermieter kann sich an denjenigen Mieter wenden, der ihm am solventesten erscheint oder am einfachsten zu erreichen ist. Diese Regelung dient primär dem Schutz des Vermieters, der so sein Risiko eines Zahlungsausfalls minimiert. Erst wenn der Vermieter vollständig befriedigt wurde, sind alle Solidarmieter von ihrer externen Verpflichtung befreit.

 

 

Solidarhaftung bei der Miete

Die Solidarhaftung bedeutet, dass jeder einzelne Mieter, der den Solidarhaftung Mietvertrag unterzeichnet hat, für die Bezahlung der gesamten Miete haftet, nicht nur für seinen vermeintlichen Anteil. Zahlt beispielsweise in einer Dreier-Wohngemeinschaft ein Mitbewohner seinen Anteil nicht, kann der Vermieter die ausstehende Summe von den anderen beiden Mietern verlangen. Diese sind dann verpflichtet, den fehlenden Betrag zu begleichen, um einen Mietrückstand und mögliche rechtliche Konsequenzen wie eine Kündigung zu vermeiden.

 

Diese gesamtschuldnerische Haftung für die Miete besteht unabhängig davon, ob ein Mieter die Räumlichkeiten tatsächlich noch nutzt. Auch wenn ein Solidarmieter vorzeitig auszieht, ohne dass der Mietvertrag formell angepasst wurde, bleibt seine Haftung für den Mietzins und andere Verpflichtungen aus dem Vertrag bestehen, bis das Mietverhältnis ordnungsgemäss beendet oder er rechtsgültig aus dem Vertrag entlassen wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit klarer interner Vereinbarungen unter den Solidarmietern und einer sorgfältigen Prüfung der Situation, bevor man einen Solidarhaftung Mietvertrag eingeht.

 

 

Interne Regressansprüche unter Solidarmietern

Obwohl nach aussen hin jeder Mieter für die gesamte Schuld haftet, sieht das Gesetz im Innenverhältnis zwischen den Solidarmietern einen Ausgleich vor (Art. 148 OR). Hat ein Mieter mehr als seinen eigentlichen Anteil an der Miete oder an der Beseitigung von Schäden bezahlt, kann er von den anderen Solidarmietern den auf sie entfallenden Anteil zurückfordern. Dieser sogenannte Regressanspruch muss jedoch vom zahlenden Mieter selbst bei seinen Mitmietern durchgesetzt werden. Der Vermieter ist in diese internen Auseinandersetzungen nicht involviert. Es empfiehlt sich dringend, bereits bei Abschluss des Mietvertrages oder bei Gründung der Mietgemeinschaft schriftliche Vereinbarungen über die interne Kostenteilung und das Vorgehen bei Zahlungsausfällen einzelner Mitglieder zu treffen. Solche Vereinbarungen können spätere Streitigkeiten und finanzielle Engpässe vermeiden helfen.

 

 

Rechte und Pflichten einer Solidarhaftung

Neben der Hauptpflicht zur Zahlung des Mietzinses ergeben sich aus einem Solidarhaftung Mietvertrag weitere Rechte und Pflichten für die Mietergemeinschaft. Grundsätzlich stehen allen Solidarmietern die gleichen Nutzungsrechte am Mietobjekt zu, sofern im Vertrag oder in einer internen Vereinbarung nichts anderes festgelegt ist. Jeder Mieter ist zudem verpflichtet, die Mietsache sorgfältig zu gebrauchen und auf die anderen Mieter sowie die Nachbarn Rücksicht zu nehmen.

 

Wichtige Entscheidungen, die das Mietverhältnis betreffen, müssen in der Regel gemeinsam getroffen und dem Vermieter gegenüber einheitlich kommuniziert werden. Dazu gehört beispielsweise:

 

  • Kündigung des Mietvertrages: Eine Kündigung ist nur gültig, wenn sie von allen im Vertrag genannten Mietern unterzeichnet wird oder wenn ein Mieter von den anderen schriftlich bevollmächtigt wurde, die Kündigung auch in deren Namen auszusprechen. Eine einseitige Kündigung durch nur einen Mieter ist unwirksam und beendet das Mietverhältnis nicht.

  • Zustimmung zu Vertragsänderungen: Möchte der Vermieter den Vertrag ändern (z.B. eine Mietzinserhöhung) oder möchte ein Mieter aus dem Vertrag ausscheiden und durch einen neuen ersetzt werden, bedarf dies der Zustimmung aller Vertragsparteien – also des Vermieters und aller Solidarmieter.

 

Verursacht einer der Solidarmieter einen Schaden am Mietobjekt, haften wiederum alle Mieter solidarisch gegenüber dem Vermieter für die Behebung dieses Schadens. Der Vermieter kann die Kosten von jedem einzelnen Mieter einfordern, unabhängig davon, wer den Schaden tatsächlich verursacht hat. Auch hier greift dann wieder der interne Regressanspruch des zahlenden Mieters gegenüber dem eigentlichen Verursacher.

 

 

Auflösung und Änderungen der Solidarhaftung

Die Beendigung oder Änderung eines Mietvertrags mit Solidarhaftung kann komplex sein, insbesondere wenn sich die Umstände eines oder mehrerer Mieter ändern, beispielsweise durch Trennung, Umzug oder finanzielle Schwierigkeiten.

 

Wie bereits erwähnt, ist eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nur durch alle Mieter gemeinsam möglich. Möchte nur ein Mieter aus dem Vertrag ausscheiden, während die anderen das Mietverhältnis fortsetzen wollen, gibt es mehrere Lösungsansätze:

 

  1. Einvernehmliche Vertragsänderung: Die optimalste Lösung ist eine schriftliche Vereinbarung mit dem Vermieter und den verbleibenden Mietern, durch die der ausscheidende Mieter aus dem Vertrag entlassen und gegebenenfalls durch einen neuen Mieter ersetzt wird. Der Vermieter ist jedoch nicht verpflichtet, einer solchen Vertragsänderung zuzustimmen, es sei denn, es wird ein zumutbarer und solventer Ersatzmieter gestellt, der bereit ist, zu den bestehenden Konditionen in den Vertrag einzutreten.

  2. Untermiete (mit Zustimmung des Vermieters): Eine andere Möglichkeit könnte sein, dass der ausziehende Mieter seinen Anteil mit Zustimmung des Vermieters untervermietet. Er bleibt dann aber weiterhin Hauptmieter und haftet solidarisch. Diese Variante ist oft nur eine Übergangslösung.

  3. Gemeinsame Kündigung und Neuabschluss: Wenn keine Einigung über das Ausscheiden eines einzelnen Mieters erzielt werden kann, bleibt oft nur die gemeinsame Kündigung des gesamten Mietvertrages durch alle Solidarmieter. Die verbleibenden Parteien könnten dann versuchen, mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag abzuschliessen.

 

Es ist wichtig zu verstehen, dass ein Mieter, der einfach auszieht, ohne eine formelle Entlassung aus der Solidarhaftung erwirkt zu haben, weiterhin für alle Verpflichtungen haftet. Dies gilt auch, wenn er seinen Auszug den Mitbewohnern und dem Vermieter mitgeteilt hat. Nur eine rechtsgültige Vertragsänderung oder -beendigung befreit ihn von den Pflichten.

 

Bei Geschäftsraummietverträgen gibt es zudem die spezielle Regelung nach Art. 263 OR, die dem Mieter von Geschäftsräumen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, das Mietverhältnis auf einen Dritten zu übertragen, wenn der Vermieter schriftlich zustimmt. Der Vermieter kann die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigern. Der übertragende Mieter haftet jedoch solidarisch mit dem neuen Mieter für die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann, höchstens aber für zwei Jahre.